Der Wiener Johann Hölzel, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Falco, hatte in den 1980er und 1990er Jahren einen beispiellosen weltweiten Erfolg mit Liedern wie ‚Der Kommissar‘ oder ‚Rock Me Amadeus‘. Die zehn Jahre nach seinem Tod erschienene CD bzw. DVD „Symphonic“ ist wirklich großartig. Seine narzissistische, zerbrechliche Persönlichkeit scheint darin zwischen jeder Textzeile durch.
Die ersten zwölf Titel sind 2008 posthum im Studio orchestral neu eingespielt worden, gemixt mit den orginal Studio-Vocal-Takes. Dieses Konzept funktioniert überraschenderweise hervorragend. Die Melodien seiner grossen Nr. 1 Hits wie ‚Der Kommissar‘ und ‚Jeanny‘ wirken symphonisch remastered noch besser. Sie sind nun beste klassische Unterhaltungsmusik im wahrsten Sinne des Wortes.
Es finden sich auch neuere Lieder darauf wie ‚Les Nouveaux Riches‘ oder ‚Monarchy Now‘ mit so exaltierten Textzeilen der Art „Deine Gigolos und meine Mätressen haben gemeinsam keine Interessen“ oder „Gestern begrub ich meinen Kater, ein Geschenk von meinem Vater: Er sagt vor Gott sind alle gleich. Nur unser Kaiser, der war gleicher, selbst als Leich“.
Die letzen vier Symphonic-Titel sind Live-Aufnahmen von einem 1994 in Wiener Neustadt gegebenen Open-Air-Konzert, Falco und Band zusammen mit einem 72-köpfigen Orchester! Herausragend und Gänsehaut erzeugend ist der Hit ‚Junge Römer (tanzen anders)‘, auch wenn Falcos Stimme schon etwas angeschlagen wirkt. Zudem beeindruckt der digitale Breitwand-Klang bzw. Dynamik-Umfang der gesamten Aufnahmen. Dies kommt erst auf einer richtig guten Anlage voll zur Geltung.
Zwischen Genie und Drogen
Der Titel ‚Rock Me Amadeus‘ ist der erste und einzige deutschsprachige, welcher jemals ein Number One Hit in den USA wurde; Falco gar als „erster weißer Rapper“ bezeichnet. Wer hat schon einmal – früher auf MTV, heute auf Youtube – das Musikvideo dazu gesehen? Darin kann man wunderbar erkennen, wie Falco sich gerne selbst gesehen hat: Als Rockidol und Popgenie in der Nachfolge von Wolfgang Amadeus Mozart.
Man muss kein grosser Psychologe sein, um eine schwere narzissistische Persönlichkeitsstörung zu attestieren. Alle klassischen Symptome scheinen bei Johann „Hans“ Hölzel erfüllt gewesen zu sein: Selbstliebe und Größenwahn, extreme Mutterbindung, Drogenkonsum und Depressionen, letztlich Einsamkeit. Knapp 41jährig verstarb er 1998 bei einem Verkehrsunfall in der Dominikanischen Republik. Viele Menschen haben wohl instinktiv die große Ambivalenz dieser Künstlerpersönlichkeit erkannt. Vielleicht ist gerade Falcos Zerbrechlichkeit, getarnt durch seine unglaubliche Eleganz und Arroganz, das Erfolgsgeheimnis seiner Musik.
Ronald Siller | 29. September 2013